„Es tut sich definitiv was“

Kira Lorenza Althaler ist sowohl auf der Bühne als auch im Film zu Hause. Demnächst wird die gebürtige Österreicherin und Wahlberlinerin im Kinderstück "Weiß ist keine Farbe" zu sehen sein.
Schauspielerin Kira Lorenza Althaler
Kira, was magst du besonders an deinem Beruf?
Kira Lorenza Althaler: Bei den Proben entwickelt man fast familiäre Verbindungen, wenn auch nur auf Zeit. Alle haben das gleiche Ziel und müssen sich zusammenraufen, das ist vielleicht mein Lieblingspart.

Gibt es eine Rolle, die du immer mal spielen wolltest?
Mein junges Ich hat sich auf viele (dramatische) Liebesgeschichten gefreut. Heute fände ich eine ganz durchtriebene Figur, so wie Rosamund Pike sie spielt, spannend.

Was reizt dich am Theater für junges Publikum?
Die direkte Reaktion! Kinder geben das ehrlichste Feedback.

In „Weiß ist keine Farbe“ geht es um einen rassistischen Übergriff und seine Folgen. Wie wichtig ist dir dieses Thema für’s Theater?
Es braucht noch viel Aufklärung, darum ist es wichtig, dieses komplexe Thema schon für ein junges Publikum zugänglich zu machen. Immerhin kommen rassifizierte Kinder viel zu früh mit Rassismus in Berührung – das ist leider unvermeidbar. Wir sollten möglichst früh erkennen, dass wir in der Gesellschaft, in die wir hineingeboren werden, unterschiedliche Erfahrungen machen – je nachdem, welchen Hintergrund wir haben. Repräsentation ist hier super wichtig! Wenn da ein Schwarzes Mädchen im Publikum sitzt, das davon träumt, Schauspielerin zu sein, dann soll es sie ermutigen, wenn sie mich sieht.

Was ist das Besondere an diesem Stück?
Es zeigt nicht die genormte weiße Kernfamilie, sondern eine alleinerziehende Mutter mit einer leiblichen Tochter, die ihr auf den ersten Blick nicht zugeordnet wird. Wir sollten unser Auge für „ungewohnte“ Familienbilder schulen, denn dieses Mutter-Tochter Bild gibt es allein in meinem Freund*innenkreis extrem oft.

Wie blickst du auf die derzeitige Debatte um Rassismus?
Man findet schneller Verbündete, weil sich jetzt mehr Menschen bewusst mit dem Thema auseinandersetzen. Vor allem die jüngeren Generationen. Und doch fehlt der sensible Umgang im Großteil der Gesellschaft, und viele Menschen sind beim bösen „R“-Wort schnell genervt, weil sie eine große Diskussion befürchten. Eigentlich fängt die
Auseinandersetzung aber erst durch das Benennen an! Es ist wichtig zu erkennen, dass wir rassistische Strukturen internalisiert haben. Und dann gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, statt sich angegriffen zu fühlen oder zu dementieren.

Und wie wird im Theater damit umgegangen?
Es tut sich definitiv was. Viele Kolleg*innen verstehen schneller, dass es nicht um Empfindungen geht, sondern tatsächlich Grenzen überschritten wurden. Und ich kann aus Erfahrung sagen, dass schneller darauf reagiert wird, wenn man auf diverse Ismen hinweist, die gezeigt werden, obwohl sie dem Stück absolut nicht dienlich sind.

Was wünschst du dir hier für die Zukunft?
Dass dieses „Hinweisen“ nicht hauptsächlich auf die Betroffenen abgewälzt wird. An einer Produktion sind etliche Personen beteiligt, darum wünsche ich mir, dass sie eine gewisse Sensibilität mitbringen. Es gab in der Vergangenheit schlicht und einfach nicht den nötigen Raum, Diskriminierung jeglicher Art zu benennen. Das gilt es zukünftig zu vermeiden!

Interview: Sina Katharina Flubacher

erschienen in ZUGABE MAGAZIN 01-2022