RELIGION: DISSIDENT

Szenische Lesung über den Theatermann und früheren Intendanten des Hans Otto Theaters Alfred Dreifuß
Als der Regisseur Alfred Dreifuß 1949 nach Potsdam kommt, sind die Folgen des Kriegs noch überall spür- und sichtbar; er aber ist voller Hoffnung. Dreifuß ist aus dem Exil in Schanghai zurückgekehrt, um beim Aufbau eines „neuen, anderen“ Deutschlands zu helfen. Kultur und Theater sollen dabei eine große Rolle spielen. Dreifuß ist der neue Intendant am Landestheater Brandenburg, wie das Hans Otto Theater damals heißt. Was er in den folgenden Jahren erleben wird, ähnelt einem Albtraum: 1950 wird er verhaftet, als Intendant entlassen, aus der SED ausgeschlossen. In einem Prozess wird er zu 20 Monaten Zuchthaus sowie einer Geldstrafe verurteilt. Im Hintergrund des Prozesses stehen u. a. Ermittlungen wegen einer angeblichen Agententätigkeit. Seit 1948 will die SED zu einer „Partei neuen Typs“ werden und orientiert sich am Vorbild der stalinistischen KPdSU. Viele alte Genoss*innen fallen den Säuberungen zum Opfer. Die Säuberungen sind – wie im Fall Dreifuß – oft antisemi_tisch konnotiert. Sie betreffen nur scheinbar Einzelne: 1953 kommt es zur größten Fluchtwelle von Jüdinnen und Juden aus Deutschland nach dem Ende des Kriegs – mehr als 500 von ihnen verlassen die DDR aus Angst vor erneuter Verfolgung. Dreifuß, der zu diesem Zeit_punkt aus dem Zuchthaus entlassen ist, gehört zu den wenigen, die bleiben – über die zweite Haft spricht er später nur in Andeutungen. Auch diese Zurückhaltung ist typisch für seine Generation: Diejenigen jüdischen Kommunist*innen, die sich für ein Leben in der DDR ent_scheiden, schweigen durch alle Enttäuschungen hindurch. Bis auf ihre Zugehörigkeit zur kommunistischen Bewegung hatten sie alles verloren – diese geben sie nicht her.

Die szenische Lesung findet im Rahmen des Projekts "Reclaim Kunstfreiheit. Antisemitismuskritik, Kunst & Kultur." an der Volksbühne statt.

"Reclaim Kunstfreiheit" ist eine Veranstaltung des Instituts für Neue Soziale Plastik in Kooperation mit der Volksbühne am Rosa- Luxemburg-Platz, Kulturprojekte Berlin, Hans Otto Theater Potsdam und dem Staatstheater Kassel.
TEXTCOLLAGE Dr. Bettina Leder EINRICHTUNG Benno Plassmann

MIT

ERZÄHLERIN
VERHÖRERIN
ALFRED DREIFUß
ZITATOR