Grenzerfahrung

Begehbare Installationen, Lesungen & Songs zum 30. Jahrestag des Mauerfalls mit dem Ensemble und der Bürgerbühne / anschl. Videoschnipselvortrag von Jürgen Kuttner
Unter dem Titel „Grenzerfahrung“ sind im Großen Haus begehbare Installationen, Lesungen und Songs mit dem Ensemble und der Bürgerbühne zu erleben. Den Abend beschließt ein Videoschnipselvortrag von Jürgen Kuttner.
Ab Einlassbeginn um 18:30 Uhr können sich die Gäste im Glasfoyer mit der atmosphärischen Video- und Audio-Installation „Revolutionen“ von Tatjana Živanović-Wegele (unter Verwendung von originalen DDR-Radiogeräten) auf den Abend einstimmen und erhalten hier auch ihre Einlasskarten für den ersten Teil des Abends. Die Bar im Foyer hat während der gesamten Veranstaltung durchgehend geöffnet.

Um 19:30 Uhr wird das Publikum nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen geteilt. Die eine Hälfte nimmt vor dem Eisernen Vorhang Platz, wo Schauspieler*innen des Ensembles aus Potsdamer Zeitzeugen-Erinnerungen lesen und Songs der Wendezeit in eigenen Arrangements interpretieren (u. a. von Silly, Gerhard Gundermann, Karussell, Gerhard Schöne, Pension Volkmann und Hans-Eckardt Wenzel). Zeitgleich absolviert die andere Hälfte einen Parcour hinter dem Eisernen Vorhang: Dort werden an fünf Stationen ein Interview mit Heiner Müller, Texte von Ralf-Günter Krolkievicz, Reden vom 4. November 1989, Auszüge aus der ZK-Tagung vom 9. November 1989 und ein Ost-West-Projekt der Bürgerbühne zu erleben sein. Dies findet an verschiedenen Orten statt: auf der Hinterbühne, im Kulissenaufzug, in der Dekorationsabteilung, im Malsaal und in der Schlosserei des Theaters.

Anschließend vereinigen sich beide Teile des Publikums im Zuschauerraum des Großen Hauses, wo nun Jürgen Kuttner die Szene betritt. Sein Videoschnipselvortrag „Krenzerfahrungen: Die DDR schaut in den Spiegel“ wird den Mauerfall anhand von TV-Ausschnitten humorvoll sezieren.


MIT Joachim Berger, Jörg Dathe, Jon-Kaare Koppe, Arne Lenk, Philipp Mauritz, Franziska Melzer, Kristin Muthwill, Nadine Nollau, Hannes Schumacher, René Schwittay, Paul Sies, Henning Strübbe, Alina Wolff, Katja Zinsmeister und der Bürgerbühne des Hans Otto Theaters sowie Jürgen Kuttner


SZENISCHE REALISIERUNG Natalie Driemeyer, Alexandra Engelmann, Carola Gerbert, Manuela Gerlach, Christopher Hanf, Bettina Jantzen, Oliver Toktasch BÜHNEN & KOSTÜME Matthias Müller MUSIKALISCHE ARRANGEMENTS Jörg Dathe, Paul Sies

Gefördert mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

Was ist eigentlich ein Videoschnipselvortrag?

Diese Show läuft seit 1996 in immer derselben Besetzung. Ein Mann, ein Mikro, eine Leinwand – mehr nicht. Und doch ist sie jedesmal neu. Kein Abend gleicht dem anderen, jeder steht für sich allein. Doch was verbirgt sich hinter der bescheiden „Videoschnipselvortrag“ betitelten Bühnendarbietung? An dieser Stelle könnte man die FAZ zitieren, die launisch bemerkt: „Kuttner beweist mit jedem Auftritt, dass man berlinernd zehnmal schneller denken und sprechen kann als nicht berlinernd.“ Es ginge natürlich auch die Berliner Zeitung, die von Abenden berichtet, an denen mit großer Verlässlichkeit verwirrende und erhellende Assoziationsketten ausgelöst werden. Oder den Tagesspiegel, der Jürgen Kuttner einen der „letzten Radikalaufklärer der Gegenwart“ nennt. Man kann es aber auch lassen und ganz nüchtern anmerken, dass der promovierte Kulturwissenschaftler Jürgen Kuttner in seinen Videoschnipselvorträgen unter Zuhilfenahme einiger gut abgehangener Fernsehausschnitte brandaktuelle gesellschaftliche Zustandsbeschreibungen abliefert. Was jetzt wiederum etwas betulich klingt und unterschlägt, dass diese Abende bei den meisten Zuschauer*innen nicht nur die politisch-moralischen Grundfesten, sondern auch das Zwerchfell schwerstens erschüttern.
Jürgen Kuttner