WAS STIMMT, WAS NICHT?

Von Fake News über historische (Un-)Wahrheiten – Ein Faktencheck
Marie-Antoinette war wirklich 14 Jahre alt, als sie aus politischen Gründen mit dem französischen Prinzen Ludwig verheiratet wurde. 1755 als Maria-Antonia Josepha Johanna von Österreich und fünfzehntes Kind der Kaiserin Maria Theresia geboren, wurde sie wie eine Ware zwischen den Höfen getauscht. Das Paar blieb einige Jahre kinderlos, was Marie-Antoinettes Stand am französischen Hof erschwerte. Sie interessierte sich leidenschaftlich für Partys, Mode und Kunst und wenig für Politik; schnell etablierte sich ihr Ruf, ausschweifend und extravagant zu sein. Der französischen Gesellschaft blieb sie fremd, was der Spitzname “l’autre chienne” verdeutlicht, ein Wortspiel aus “die Österreicherin” und “die andere Hündin”. Während der Französischen Revolution wurde sie zur Hassfigur. Den Großteil ihrer Zeit verbrachte sie in ihrem privaten Lustschloss Petit Trianon, in dem sie ein idealisiert-einfaches Landleben simulierte. Hier spielte die Königin auch leidenschaftlich Theater - vielleicht Shakespeare! - und veranstaltete regelmäßig Spielrunden. Ob sie hierbei wirklich Schulden anhäufte, ist nicht bekannt. Sie wurde am 16. Oktober 1793 mit der Guillotine hingerichtet. Ihre letzten Worte “Pardon, Monsieur” sollen dem Henker gegolten haben, dem sie versehentlich auf den Fuß trat.

Ob Ludwig XVI. durch zu viel Fasan oder durch Kuchen fett wurde, ist nicht gesichert. Bilder zeigen ihn jedoch als durchaus beleibten Herrscher. Er wurde als Prinz Louis-Auguste von Frankreich 1754 in Versailles geboren und ging als letzter König Frankreichs in die Geschichte ein. Wie auch sein Großvater Ludwig XV. wird er häufiger mit dem Sonnenkönig Ludwig XIV. verwechselt, der die absolutistische Monarchie wie kein anderer verkörperte. Louis-Auguste galt als schüchtern und wurde nur durch den frühen Tod seines Bruders zum Thronfolger. Das Land, das er regieren sollte, war durch Kriege hochverschuldet und das Volk durch Fehlpolitik und Missernten unzufrieden. Ludwig XVI. war ein schwacher König, er zögerte lange bei Entscheidungen und schlief bisweilen in wichtigen Sitzungen ein. Mit dem Beginn der Französischen Revolution 1789 starb sein Sohn Louis-Joseph an Knochentuberkulose – ein schwerer Schicksalsschlag, der Ludwig in depressive Zustände versetzte. “Gibt es denn im Dritten Stand keine Väter?”, soll er angesichts der unerbittlichen Forderungen der Revolutionäre gesagt haben. Sein Versuch, versöhnlich auf die Nationalversammlung zuzugehen, scheiterte nach kurzer Zeit und er entschied sich mit seiner Familie zu fliehen – ohne Erfolg, denn ein Postmeister erkannte den König, als er angeblich aus der Kutsche gestiegen war, um zu pinkeln. Die Königsfamilie wurde verhaftet und Ludwig am 21. Januar 1793 als Bürgerlicher “Capet” hingerichtet.

Dann sollen sie Kuchen essen! soll Marie-Antoinette gesagt haben, als das protestierende Volk vor Versailles nach Brot verlangte. Aber: „Qu’ils mangent de la brioche“ meint korrekt übersetzt gar keinen Kuchen, sondern die beliebten französischen Hefe-Brötchen. Für das Zitat fehlt jedoch jeglicher Beleg. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine Wanderanekdote: eine Geschichte, die frei durch die Jahrhunderte geistert. Einen Verweis findet man bei Rousseau: Eine „große Prinzessin“ soll angesichts der Brotknappheit der Bauern gesagt haben „dann sollen sie Brioche essen!“. Als Rousseau das schrieb, war Marie-Antoinette allerdings gerade mal zehn Jahre alt und dem französischen Hof nicht bekannt.

PUFF machten die adligen Köpfe vermutlich nicht, zumindest nicht wegen zu viel Puder. Die gepuderte Perücke war ein beliebter Modetrend im 17. und 18. Jahrhundert und diente als Statussymbol. Bestäubt wurde die künstliche Haarpracht mit einer Mischung aus Mehl und Stärke, was angesichts rasant steigender Brotpreise ein skandalös-dekadenter und darin letztendlich explosiver Luxus war – die daraus resultierenden Aufstände führten zum Sturm auf die Bastille. Besonders berühmt wurden die Haartürme Marie-Antoinettes (“Pouf”), die über einen Meter hoch werden konnten und neben Blüten und Schmuck teilweise ganze Modellfiguren beherbergten.

Die Dubarry (Madame du Barry) ging als Favoritin König Ludwig XV. in die Geschichte ein. Sie wurde 1743 als Bürgerliche Marie-Jeanne Bécu geboren. Durch Heirat und eine gefälschte Geburtsurkunde wurde das Mädchen „von zweifelhaftem Ruf“ zur Comtesse und dem König vorgestellt, der sie nach dem Tod seiner Mätresse Madame Pompadour zur neuen Favoritin machte. Die Gräfin du Barry umsorgte den König gefühlvoll bis zu seinem Tod und häufte Reichtümer an, u. a. das Schloss Louveciennes. Mit Marie-Antoinette verband sie ein offener Machtkampf, den die Gräfin 1772 gewann, als die Königin den ersten und einzigen Satz an sie richtete: „Heute sind viele Menschen in Versailles.“ Sie starb unter der Guillotine, keine zwei Monate nach Marie-Antoinette. Anders als die Königin soll sie auf dem Schafott verzweifelt um sich geschlagen und sich gewehrt haben bis zum bitteren Ende.

Kardinal Louis de Rohan war tatsächlich dafür bekannt, dass ihm ab und zu „das Herz zu locker in der Hose saß“ – als Botschafter am Habsburger Hof zog er sich damit den Unmut der Kaiserin Maria Theresia zu. Er stammte aus einer der ältesten und reichsten Adelsfamilien Frankreichs und war durch seine kirchlichen Positionen ein einflussreicher Mann im Ancien Régime. Er hielt das Amt des Großalmoseniers am französischen Hof inne und ließ sich allzu naiv als Akteur in die Halsbandaffäre einspannen, da er die Gunst Marie-Antoinettes erwerben wollte. Seine unglückliche Rolle, die er dabei einnahm, schädigte seine Reputation nachhaltig. Nach Ausbruch der Revolution floh er ins Bistum Straßburg, plante von dort aus eine Konterrevolution und die Wiedereinsetzung der königlichen Macht. 1803 starb er an einer Grippe.

Apropos Halsband: Die Juweliere Carl August Böhmer und Paul Bassenge betrieben eine exklusive Pariser Schmuckboutique an der Place Vendôme und fertigten in den 1770er-Jahren ein aufsehenerregender Collier mit 670 reinen Diamanten. Die Juweliere boten das Collier erfolglos an diversen europäischen Höfen feil. Auch Marie-Antoinette lehnte den Erwerb ab, empfand den aufwendigen Schmuck als unmodisch und unbequem. Sie fand, das Geld solle besser in die Kriegsflotte investiert werden.

Mitte der 1780er Jahre witterte die Comtesse de la Motte schließlich die Gelegenheit zur Intrige. Mithilfe gefälschter Briefe und des leichtgläubigen Kardinals von Rohan täuschte sie eine heimliche Bestellung im Namen der Königin vor. Als Böhmer im Frühjahr 1785 Zahlungen verlangte, stellte sich heraus, dass das Collier verschwunden war. Rohan wurde verhaftet, ebenso die Comtesse de la Motte, die zur Strafe das Brandzeichen „V“ für Voleuse (Diebin) erhielt. Rohan konnte sich vor dem Pariser Parlament als Opfer der Intrige inszenieren und wurde trotz des Skandals freigesprochen, verlor aber seinen Posten. Für Marie-Antoinette jedoch wurde die Affäre zum politischen Desaster: Flugschriften, Karikaturen und Theaterstücke stellten sie als lüsterne und verschwenderische Monarchin dar. So trug die Halsband-Affäre maßgeblich zu ihrer weiteren öffentlichen Diffamierung bei und befeuerte die gesellschaftliche Stimmung gegen den Hof.

Und auch wenn es zahlreiche Verschwörungstheorien darüber gibt, wer oder was die Französische Revolution ausgelöst hat: Marie-Antoinette selbst war es nicht. Am populärsten war die Verschwörungstheorie, Großbritannien habe die Revolution aktiv gefördert bzw. organisiert, um Frankreich als Rivalen zu schwächen. Andere Theorien machten katholische Gruppen, die Freimaurer oder die Illuminaten verantwortlich, später wurde diese Erzählung mit antisemitischen Motiven verbunden. Fakt ist, dass die Finanzkrise und die soziale Ungleichheit des absolutistischen Staates, dessen steuerliche Hauptlast der Dritte Stand (Bürgertum & städtische Unterschichten) trug, zu den langfristigen Ursachen der Revolution zählen. Auch die zunehmende Verbreitung der Ideen der Aufklärung hatte einen großen Einfluss. Als indirekter Auslöser wird häufig auch die Kleine Eiszeit genannt; ihre klimatischen Bedingungen sorgten für schwere Missernten und führten zu Lebensmittelknappheit und Hungerrevolten.

Auch Napoleon Bonapartes geringe Körpergröße ist eines der hartnäckigsten Gerüchte über den französischen Herrscher. Denn mit 1,67m lag er zu seiner Zeit absolut im Durchschnitt. Napoleon kam 1769 auf Korsika zur Welt. Seine Familie zählte zum niederen verarmten Adel und so konnte er nur durch ein königliches Stipendium seine Militärausbildung absolvieren. Laut seines Biographen Günter Müchler war er ein Außenseiter mit dem Spitznamen “Nasenpopel”. Dennoch tat er sich durch Intelligenz, Ehrgeiz und strategisches Geschick hervor. Seine Maxime “Die Karriere steht den Talenten offen” (la carrière est ouverte aux talents) ist damit auch als eigenes Lebensmotto zu lesen. Die Französische Revolution verschaffte ihm eine steile Militärkarriere und sein Erfolg verhalf ihm 1799 zum Sturz der Revolutionsregierung. 1804 krönte er sich selbst zum Kaiser Frankreichs. Jahrelang war er der mächtigste Mann Europas und betrieb aggressive Expansionspolitik.

Der Königssohn Louis-Charles saß zwar nicht in der Bastille, aber im Temple-Gefängnis, in dem die Königsfamilie nach ihrer Flucht festgehalten wurde. Bekannt als Louis XVII., war er der jüngste Sohn von Ludwig XVI. und Marie-Antoinette und wurde nach der Hinrichtung seines Vaters 1793 als rechtmäßiger König betrachtet, obwohl er nie regierte. Er starb 1795 im Gefängnis im Alter von zehn Jahren, vermutlich an den Folgen von Misshandlungen und Krankheit. Um seinen Tod ranken sich bis heute Verschwörungstheorien, doch gilt er historisch als gesichert. Seine Schwester Marie-Thérèse Charlotte überlebte als einziges der vier Königskinder die Revolution.


Warum die Guillotine heute nicht doch Louisette heißt, ist nicht rekonstruierbar. Fakt ist, dass sie nach ihrem Erfinder – dem ArztJoseph-Ignace Guillotin – benannt wurde, der zusammen mit seinem Kollegen Antoine Louis und dem deutschen Cembalobauer Tobias Schmidt einen Prototyp entwickelte. Das mechanische Enthauptungsgerät sollte einen humaneren und für alle gleichen Tod versprechen. Im April 1792 feierte die Guillotine ihre Premiere. Schnell wurden die Hinrichtungen zu einer Art Großevent, bei dem die Menschen in Massen zum Place de la Révolution strömten. Die Maschine gewann eine derartige Popularität, dass sie in Miniatur-Nachbildungen sogar als Kinderspielzeug oder als Brot- und Gemüseschneider in die französischen Haushalte einzog. Während der Hochphase der Französischen Revolution sollen über 17.000 Menschen enthauptet worden sein.


Maximilien de Robespierre war kein Kuchenfreund, sondern lebte v. a. während der Revolution streng asketisch. 1758 wurde er in eine bürgerliche Familie in Arras hineingeboren und stieg als Anwalt und Politiker schnell zu einer der zentralen Figuren der Französischen Revolution auf. Robespierre glaubte fest daran, dass die revolutionären Werte von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit nur durch absolute Konsequenz und radikale Maßnahmen durchgesetzt werden konnten. Für ihn war der Terror kein Selbstzweck, sondern ein notwendiges Übel, um die Revolution vor den vermeintlichen Feinden zu schützen. Korruption und Verschwendungssucht waren ihm ein Dorn im Auge. Als sich die Machtverhältnisse verschoben wurde er am 28. Juli 1794 mit 21 seiner Anhänger öffentlich enthauptet.


Die Revolution ist wie Saturn, sie frisst ihre eigenen Kinder“, sagte vermutlich Georges Danton angesichts der sich gegen ihn wendenden Revolution. Er rief zum Sturm auf die Tuilerien und zur Verhaftung der königlichen Familie auf. Als Mitbegründer des revolutionären Komitees wurde er zur treibenden Kraft der Ersten Republik, distanzierte sich jedoch schließlich von der zunehmenden Radikalität. Er wurde 1794 als „Verräter der Revolution“ hingerichtet, ebenso wie Camille Desmoulins, der wie Danton Rechtsanwalt, Freimaurer und Jugendfreund Robespierres war. Desmoulins tat sich als einer der Anstifter des Sturms auf die Bastille hervor, trat für die Volkssouveränität als einzig legitime Verfassungsform ein. Mit Zunahme der Hinrichtungen sprach er sich für die Verständigung auch mit politischen Gegnern aus.

Nicht selten war „die Nationalversammlung heillos zerstritten“ und die Etablierung einer neuen Regierung eine immer wieder fragile Angelegenheit durch die Zusammenkunft von verschiedenen, teils schwer verfeindeten Gruppen:
Die Jakobiner setzten sich für die Abschaffung der Monarchie, eine zentralisierte Republik und soziale Gleichheit ein. Im Kampf um die Frage, wer das Volk am besten vertreten kann und aus Furcht, die Errungenschaften der ersten Phase der Revolution nicht halten zu können, agierten sie zunehmend kompromisslos, verfolgten nicht nur ihre Gegner, sondern auch Gemäßigte in ihren eigenen Reihen.

Die Girondisten vertraten gemäßigtere republikanische Positionen, verlangten, lehnten die radikale Gewalt der Jakobiner jedoch ab. Viele von ihnen stammten aus der Provinz und wurden später von den Jakobinern verfolgt und hingerichtet.

In der Fraktion der Royalisten befanden sich vor allem Angehörige des Hofes. Sie setzten sich für die Erhaltung der Monarchie ein, jedoch mit Zugeständnissen gegenüber einer verfassungsmäßigen Begrenzung der königlichen Macht, ähnlich dem britischen Modell. Sie wollten den monarchischen Staat als stabile politische Struktur bewahren.
Die Feuillants setzten sich ebenfalls für eine konstitutionelle Monarchie ein und strebten eine stabile, rechtsstaatliche Ordnung an. Darüber hinaus forderten sie eine Verfassung, die die Rechte des Volkes sichern sollte.