Echoraum für Zeitgeschichte

Gedanken von Regisseurin Konstanze Lauterbach
Die Theaterfassung dieser Familiensaga kann die viele Verzweigungen und Verästelungen der Geschichte nicht alle zeigen. Man muss zwangsläufig thematische Schwerpunkte herausfiltern auf dieser Zeitreise durch ein „blutiges Jahrhundert“. Es ist nötig, die Fülle der Geschichten rigoros zu reduzieren, sie zu skelettieren und dabei trotzdem das Fleisch der Figuren nicht zu sehr zu beschädigen. In dieser Verknappung werden die Träume, Sehnsüchte und deren Verkümmerung gezeigt und damit, wie aus Lebensentwürfen Lebenszerstörungen werden.

Die verschiedenen Generationen dieser Familie starten immer ins Leben, davon überzeugt, einen Neuanfang machen zu können, sich von den Gespenstern der Vergangenheit abzunabeln – und scheitern letztendlich daran. Sie erleben die Vergeblichkeit ihres Aufbruchs. Biografien werden durch politische Systeme und gesellschaftliche Systemwechsel geprägt oder zerstört. Die Realität von außen bricht ein in das private Leben der einzelnen Figuren, die gezwungen sind, sich anzupassen oder zu revoltieren. Aber auch die Revolten enden brutal durch Gewaltakte oder in der persönlichen Kapitulation.

Die Menschen wollen selbstbestimmt leben und reiben sich ihre Köpfe wund an den jeweiligen familiären oder politischen Zwängen. Die Figuren sind immer Echoraum für zeitgeschichtliche Ereignisse. Immer machen die Zeitenwenden, die Reformen, Revolutionen einen Querstrich durch die Lebensentwürfe, durch die Sehnsüchte und Träume dieser Menschen.
Das ist die Essenz dieses prallen Romans. Die vielen kleinen Geschichten sind miteinander verstrickt wie ein nicht zu lösender gordischer Knoten.

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