Christa Wolf
Christa Wolf wurde 1929 als Tochter der Kaufleute Hertha und Otto Ihlenfeld in Landsberg an der Warthe (heute Gorzów Wielkopolski, Polen) geboren. In ihrer Kindheit eine begeisterte Anhängerin des NS-Regimes, erlebte sie das Kriegsende und die Flucht nach Mecklenburg als traumatischen Schock, der ihr bisheriges Weltbild radikal in Frage stellte. Sie wurde zur überzeugten Sozialistin und trat 1949 in die SED ein.
Nach einem Germanistik-Studium in Jena und Leipzig arbeitete sie ab 1953 als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Deutschen Schriftstellerverband in Ost-Berlin und auch als Redakteurin der Zeitschrift „Neue Deutsche Literatur“. Ab 1956 war sie Cheflektorin beim „Verlag Neues Leben“, um 1957 in NDL-Redaktion zurückzukehren. 1951 heiratete sie den Literaturwissenschaftler, Lektor und Autor Gerhard Wolf, der ein Leben lang auch ihr wichtigster Arbeitspartner blieb. 1961 erschien Christa Wolfs literarisches Debüt: „Moskauer Novelle“. Der Durchbruch in die erste Riege der DDR-Schriftsteller*innen gelang ihr mit dem Roman „Der geteilte Himmel“ (1963), der in der Regie von Konrad Wolf auch erfolgreich verfilmt wurde.
Von 1963 bis 1967 war Christa Wolf Kandidatin des ZK der SED. Nach dem 11. Plenum des ZK der SED im Dezember 1965 geriet die nicht konforme Kulturszene der DDR stark unter staatlichen Druck. Infolgedessen positionierte sich Christa Wolf zunehmend kritisch gegenüber dem Regime und bemängelte die dogmatischen, repressiven Strukturen des DDR-Sozialismus. In dieser Zeit entwickelte sie zugleich ihren charakteristischen Schreibstil „subjektiver Authentizität“, bei dem sie in literarisch kreisenden Suchbewegungen Vergangenheit und Gegenwart, Biografie und Zeitgeschichte, Alltag und gesellschaftspolitische Themen assoziativ miteinander in Verbindung brachte. So entstanden bedeutende Werke wie „Nachdenken über Christa T.“ (1968) und „Kindheitsmuster“ (1976).
Nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns im November 1976 ging Christa Wolf noch deutlicher auf Distanz zum SED-Staat und agierte fortan als eine Art loyale Dissidentin in der DDR. Vor diesem Hintergrund schrieb sie zentrale Texte wie „Kein Ort. Nirgends“ (1979) und „Sommerstück“ (1989). In den 1980er Jahren beschäftigte sie sich intensiv auch mit der griechischen Antike und mit einem spezifisch weiblichen Blick auf die Wirklichkeit – in Abgrenzung zu patriarchal männlichem Herrschaftsverhalten. In diesem Zusammenhang entstanden u.a. das Kassandra-Projekt (1983) und „Medea. Stimmen“ (1996). Nach der Wende wurde sich von einer westdeutschen Öffentlichkeit teilweise als „Staatsdichterin“ diffamiert. Ein Vorwurf, der Christa Wolf treffen und höchst ungerecht erscheinen musste, da sie doch immer wieder – auf unterschiedliche Weise – Widerstand geleistet hat und in ihren Texten nicht opportunistisch in Erscheinung getreten ist. Das Ringen um Integrität und Wahrhaftigkeit im Modus der kritischen Selbstbefragung war eine Grundmelodie ihres Lebens. So wurde sie für viele Menschen in Ost und West und überall auf der Welt zu einer moralischen Instanz.
Ausgezeichnet mit zahlreichen bedeutenden Ehrungen (u.a. Heinrich Mann-Preis 1963, Georg Büchner-Preis 1980) und auch international gefeiert, gehört Christa Wolf fraglos zu den wichtigsten deutschsprachigen Prosa-Autorinnen des 20. Jahrhunderts. Sie schrieb Erzählungen, Romane, Essays, Tagebuchaufzeichnungen, Reden; daneben entstanden Filmdrehbücher (in Zusammenarbeit mit ihrem Mann Gerhard), zahlreiche Herausgaben und mehrere Briefwechsel. Christa Wolf war eine engagierte Schriftstellerin, die sich mit ihrer ganzen Person in das Zeitgeschehen einmischte, sich öffentlich positionierte, Werte wie Menschenwürde und Aufklärung verteidigte und die Hoffnung auf eine gerechte, im guten Sinne sozialistische Gesellschaft nicht aufgab. Sie starb im Jahre 2011 im Alter von 82 Jahren in Berlin.
(Christopher Hanf)
Nach einem Germanistik-Studium in Jena und Leipzig arbeitete sie ab 1953 als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Deutschen Schriftstellerverband in Ost-Berlin und auch als Redakteurin der Zeitschrift „Neue Deutsche Literatur“. Ab 1956 war sie Cheflektorin beim „Verlag Neues Leben“, um 1957 in NDL-Redaktion zurückzukehren. 1951 heiratete sie den Literaturwissenschaftler, Lektor und Autor Gerhard Wolf, der ein Leben lang auch ihr wichtigster Arbeitspartner blieb. 1961 erschien Christa Wolfs literarisches Debüt: „Moskauer Novelle“. Der Durchbruch in die erste Riege der DDR-Schriftsteller*innen gelang ihr mit dem Roman „Der geteilte Himmel“ (1963), der in der Regie von Konrad Wolf auch erfolgreich verfilmt wurde.
Von 1963 bis 1967 war Christa Wolf Kandidatin des ZK der SED. Nach dem 11. Plenum des ZK der SED im Dezember 1965 geriet die nicht konforme Kulturszene der DDR stark unter staatlichen Druck. Infolgedessen positionierte sich Christa Wolf zunehmend kritisch gegenüber dem Regime und bemängelte die dogmatischen, repressiven Strukturen des DDR-Sozialismus. In dieser Zeit entwickelte sie zugleich ihren charakteristischen Schreibstil „subjektiver Authentizität“, bei dem sie in literarisch kreisenden Suchbewegungen Vergangenheit und Gegenwart, Biografie und Zeitgeschichte, Alltag und gesellschaftspolitische Themen assoziativ miteinander in Verbindung brachte. So entstanden bedeutende Werke wie „Nachdenken über Christa T.“ (1968) und „Kindheitsmuster“ (1976).
Nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns im November 1976 ging Christa Wolf noch deutlicher auf Distanz zum SED-Staat und agierte fortan als eine Art loyale Dissidentin in der DDR. Vor diesem Hintergrund schrieb sie zentrale Texte wie „Kein Ort. Nirgends“ (1979) und „Sommerstück“ (1989). In den 1980er Jahren beschäftigte sie sich intensiv auch mit der griechischen Antike und mit einem spezifisch weiblichen Blick auf die Wirklichkeit – in Abgrenzung zu patriarchal männlichem Herrschaftsverhalten. In diesem Zusammenhang entstanden u.a. das Kassandra-Projekt (1983) und „Medea. Stimmen“ (1996). Nach der Wende wurde sich von einer westdeutschen Öffentlichkeit teilweise als „Staatsdichterin“ diffamiert. Ein Vorwurf, der Christa Wolf treffen und höchst ungerecht erscheinen musste, da sie doch immer wieder – auf unterschiedliche Weise – Widerstand geleistet hat und in ihren Texten nicht opportunistisch in Erscheinung getreten ist. Das Ringen um Integrität und Wahrhaftigkeit im Modus der kritischen Selbstbefragung war eine Grundmelodie ihres Lebens. So wurde sie für viele Menschen in Ost und West und überall auf der Welt zu einer moralischen Instanz.
Ausgezeichnet mit zahlreichen bedeutenden Ehrungen (u.a. Heinrich Mann-Preis 1963, Georg Büchner-Preis 1980) und auch international gefeiert, gehört Christa Wolf fraglos zu den wichtigsten deutschsprachigen Prosa-Autorinnen des 20. Jahrhunderts. Sie schrieb Erzählungen, Romane, Essays, Tagebuchaufzeichnungen, Reden; daneben entstanden Filmdrehbücher (in Zusammenarbeit mit ihrem Mann Gerhard), zahlreiche Herausgaben und mehrere Briefwechsel. Christa Wolf war eine engagierte Schriftstellerin, die sich mit ihrer ganzen Person in das Zeitgeschehen einmischte, sich öffentlich positionierte, Werte wie Menschenwürde und Aufklärung verteidigte und die Hoffnung auf eine gerechte, im guten Sinne sozialistische Gesellschaft nicht aufgab. Sie starb im Jahre 2011 im Alter von 82 Jahren in Berlin.
(Christopher Hanf)