Nein, ich bleibe!

Matinee zum 85. Todestag Hans Ottos

Am 24. November 1933 verstarb der Schauspieler und Kommunist Hans Otto nach tagelanger Folter und schwersten Misshandlungen durch die SA und Gestapo im Staatskrankenhaus Berlin. Nach Hitlers Machtübernahme hatte er sich bewusst dafür entschieden, in Deutschland zu bleiben und gegen das Nazi-Regime zu kämpfen. – Welche Menschen, Aktivist*innen, Künstler*innen sind es heute, die in ihren Heimatländern trotz Lebensgefahr mit entschiedener Haltung für ihre politischen Überzeugungen eintreten? Welchen Repressionen sind sie ausgesetzt? Wir wollen – ganz im Geiste Hans Ottos – eine Spurensuche in unsere Gegenwart unternehmen und seine symbolischen „Enkel*innen“ kennenlernen. 

Gelesen werden Texte, Essays und Gedichte von:

Najet Adouani, Dichterin, Schriftstellerin und Journalistin aus Tunesien, wo sie 1956 geboren wurde, begann bereits als Kind zu schreiben. Frühe Erfahrungen mit der Gewalt des totalitären tunesischen Regimes prägten sie und politisierten ihre Arbeit. Tunesien ist das Geburtsland der Arabischen Revolution. Doch für Najet Adouani brachte der Arabische Frühling nicht mehr, sondern weniger Freiheiten. 2012 muss sie fliehen. Die Salafisten haben sie wegen ihrer kritischen Texte und Gedichte, in denen sie für Meinungsfreiheit und die Rechte der Frauen eintritt, auf die"schwarze Liste" gesetzt.

Liao Yiwu– Jahrgang 1958, gehört zu den großen Autoren Chinas und ist einer der sprach-und bildmächtigsten Schriftsteller unserer Zeit. Autoren wie Liao Yiwu beeindrucken allein durch ihre erschütternde Biografie – Hungerin der Kindheit, Umerziehungsmaßnahmen während der Kulturrevolution,Verfolgung, Gefängnis … Bis zum Vorabend des 4. Juni 1989 führte er das Leben eines unbekannten Hippie-Poeten. Nachdem er 1989 sein Gedicht „Massaker“veröffentlich hat, wurde er 4 Jahre inhaftiert und schwer misshandelt. Seit 2011 lebt er im Exil in Deutschland. 2012 wurde ihm der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen.

Aslı Erdoğan
Die 1967 geborene türkische Schriftstellerin Aslı Erdoğan, nicht mit dem gleichnamigen Staatspräsident verwandt, ist zur Symbolfigur für die Meinungsfreiheit und das Ausmaß der türkischen Willkürherrschaft geworden. Sie mehrere Bücher geschrieben, bekannt wurde sie mit ihren Romanen „Die Stadt mit der roten Pelerine“ oder „Das Steinhaus“. Im August 2016 wurde sie wegen ihrer Arbeit für eine kurdisch-türkische Tageszeitung im Zuge der „Säuberungen“ nachdem gescheiterten Militärputsch verhaftet. Unter dem Vorwurf der Terrorpropaganda für die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) saß sie mehr als vier Monate in der Türkei im Gefängnis.

LuXiaobo, Friedensnobelpreisträger 2010, war einer der einflussreichsten Schriftsteller Chinas, Schlüsselfigur der chinesischen Demokratiebewegung, und Hauptautor des Menschenrechtsmanifests „Charta 08“. Er beteiligte sich an den Studentenprotesten 1989, die am 4. Juni blutig niedergeschlagen wurden. Viele Jahre war er im Gefängnis und Umerziehungslagern. Seine Schriftenkonnten nur im Ausland veröffentlicht werden. 2008 wurde er wegen „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt“ und zu 11 Jahren Gefängnis verurteilt; er kam nicht mehr lebend heraus, erst als er dem Tod geweiht war, wurde er in ein Krankenhaus entlassen, wo er 2017 verstarb. Seine Witwe, die Fotografin, Malerin, Lyrikerin, LiuXia, stand jahrelang unter Hausarrest. Erst im Sommer dieses Jahres wurde ihr die Ausreise erlaubt.

Hala Mohammad, syrische Lyrikerin, geboren 1970, wuchs in einem liberalen Elternhaus auf und studierte an der Film-Universität in Paris. Unter ihrer Regie entstanden Dokumentarfilme, darunter ein Porträt politischer Häftlinge in Syrien. Seit 1994 wandte sie sich verstärkt dem Schreiben zu. Als Journalistin ist sie für verschiedene arabische Zeitungen tätig. Gedichte von Hala Mohammad waren 2016 Bestandteil der Aufführungen der Potsdamer Winteroper. Hala Mohammad lebt im Exil in Paris. 

Hrant Dink (geboren 1954), war Armenier mit türkischer Staatsbürgerschaft, leitete bis zur Beschlagnahmung durch türkische Behörden ein christlich-armenisches Ferienheim in Istanbul, arbeitet dann als Buchhändler und Journalist. Mehrfach wurde er wegen „Beleidigung des Türkentums“ verurteilt und zog 2006 vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Im Januar 2007 wurde Hrant Dink von einem türkischen Nationalisten erschossen.  

Änderungen vorbehalten. In Zusammenarbeit mit dem Hans Otto Verein e.V. Berlin.
Einrichtung Bettina Jahnke Dramaturgie Carola Gerbert Klavier Jörg Dathe
25-NOV-2018 11 Uhr